Der eigentliche Grund Karate zu erlernen war von jeher sich verteidigen zu können. Schon die Geschichte von Gichin Funakoshi widerspiegelt das.

Karate ist keine agressive Kampfkunst und soll auch nicht so angewendet werden. Schon in den überlieferten Katas ist das sichtbar. Jede Kata beginnt mit einer Abwehrbewegung, also defensiv.

Man sollte Konfrontationen immer aus dem Weg gehen bzw. deeskalierend handeln. Hat man die Möglichkeit der Situation aus dem Weg zu gehen, so soll das auf jeden Fall gemacht werden. (Der Klügere gibt nach!). Einer Notwehrsituation ist immer mit adäquaten Mitteln zu begegnen. Nur wenn man keine Fluchtmöglichkeit mehr zur Verfügung hat, sollte man zur Verteidigung übergehen. Auch ist der Angriff korrekt einzuschätzen. Handelt es sich um eine betrunkene Person ist die Handlung sicherlich anders zu setzen als wenn man von einer klar definierten aggressiven Person bedroht wird. Handelt es sich sogar um einen Angriff mit Waffen, so muß klar gesagt werden, dass dies immer auch mit viel Glück einhergeht. Waffen abzuwehren (auch wenn man dies im Training übt), ist ein sehr gewagtes Risiko und sollte wenn nur irgendwie möglich verhindert werden. Falscher Stolz, gekränkte Ehre,… sind hier fehl am Platz. Immer nur so viel Abwehr anwenden wie unbedingt notwendig ist.

Sportkarate ist nicht mit realer Selbstverteidigung gleich zu setzen. Viele Techniken sind bei Wettbewerben nicht erlaubt (das ist auch gut so). Die SV-Situation ist einfach anders. Wettkämpfer führen ihren Kampf an Hand von definierten Regeln mit Kampfrichter aus. Das gibt es in der Realität natürlich nicht. Grundsätzlich wird sich ein schwächerer Aggressor selten einen stärkeren bzw. überlegenen Gegner suchen. Hier gibt es keine Gewichtsklassen oder Altersbeschränkungen. Es wird nach erfolgreichem Punkt nicht gestoppt, es wird nicht mit leichtem Kontakt gekämpft. Man sieht oft bei Wettkämpfen, dass wenn es doch mal zu einem härteren Kontakt kommt, der Kampf sofort unterbrochen wird. All das ist in der realen SV nicht gegeben. Aus diesem Grund muss das Karate hier Anpassungen unterliegen.

Wie kann nun so ein SV-Fall aussehen. Eine SV-Situation kann in Phasen erläutert werden:

Phasen:

  • Der Aggressor nimmt Augenkontakt auf. Schon in dieser Phase entscheidet sich sehr viel. Strahlt man hier Angst aus, so wird der Gegner bereits mächtiger. Andererseits ist ein zu provokantes Gegenübertreten auch mit Vorsicht zu genießen. Dies ist die Einschüchterungsphase.
  • Nun folgen meist verbale Attacken. Hier wird vom Gegner weiter abgetastet, wie viel Gegenwehr er zu erwarten hat.
  • Nun kommt es zu Annäherung. D. h.: Der Aggressor dringt in den persönlichen Freiraum ein und baut noch mehr Druck auf. Die körperliche Auseinandersetzung beginnt.

Hier sind 5 Distanzen zu beachten:

  1. Trittdistanz: der Gegner kommt in die Reichweite in der er uns mit Tritten erreichen kann.
  2. Handdistanz: Jetzt kann er uns mit einem Handschlag oder -stoß angreifen
  3. Ellbogen-Kniedistanz sind hier die primären Waffen
  4. Wurfdistanz
  5. Bodendistanz

Hebeltechniken sind ab der Handdistanz möglich.

Die oben genannten Distanzen können im Ernstfall natürlich schnell überbrückt werden und es muß nicht jede Distanz durchlaufen werden.

Gegenüberstellung von Techniken Wettkampf versus Selbstverteidigung:

WettkampfSelbstverteidigung
Kizami-tsukiKizami.tsuki
Oi-tsukiGyku-tsuki
Gyaku-tsukiUra-tsuki
Uraken-uchiMawashi-tsuki
Mae-geriUraken-uchi
Yoko-geriTettsui-uchi
Mawashi-geriEmpi-uchi
Ura-mawashi-geriShuto-uchi
Ushiro-mawashi-geriMae-geri
Yoko-geri
Mawashi-geri
Ushiro-geri
Kansetsu-geri
Kin-geri
Hiza-geri
Fumikomi

Es ist daraus ersichtlich, dass hier teilweise gleiche als auch andere Techniken eingesetzt werden. Gerade in SV-Situationen werden Tritte oft mehr im Chudan bzw Gedanbereich eingesetzt. Die Stellungen sind viel kürzer und weniger tief gehalten.

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